polylog 12
Hans Schelkshorn: Editorial
2004
Das zweite Europa
HerausgeberInnen des Thementeils: Mădălina Diaconu, Hans Schelkshorn, Wolfgang Tomaschitz
THEMA
Mădălina Diaconu
De imagine Europae. Von rumänischen Randbewohnern
Mădălina Diaconus Beitrag zum Bild Europas in Rumänien zieht in Betracht hauptsächlich kulturphilosophische Interpretationen seit dem Beginn des Modernisierungsprozesses in Rumänien vor etwa 150 Jahren. Vor dem Krieg überwogen die Spekulationen über eine „rumänische Seele“ und die Forderung der Synchronisierung mit der Entwicklung der westlichen Institutionen und Werte. Diese Diskussionen wurden nach 1989 wieder aufgenommen und beweisen, dass das Selbstbewusstsein der Rumänen, ein integraler Teil Europas zu sein, weiterhin ungebrochen ist.
Andrzej Gniazdowski
Andrzej Gniazdowski geht von der Fragen aus, ob die „Rückkehr nach Europa“ nicht ein Opium für die polnische Intelligenz sei und wie diese mit der Position Polens als eines in Europa „trojanischen Esels“ Amerikas vereinbar sei. Die Wirksamkeit des Mitteleuropa-Begriffs in Polen in den 1980er-Jahren scheiterte an der westeuropäischen Vision von Europa. Die vielbeschworene „Rückkehr nach Europa“ kann gegenwärtig nicht in der „Wiederaufnahme einer unterbrochenen Tradtion“ liegen, sondern muss „eher als eine Art Konstruktion“ betrachtet werden.
Tschasslaw W. Kopriwitza
Die Dilemmata des gängigen Europa-Entwurfs
Tschasslaw Koprivitza bemüht sich um die Klärung grundsätzlicher Fragen, wie etwa: Was ist eine Gedächtnisgemeinschaft, was eine Ethnie und mit welchem Recht wird zwischen „natürlichen“ und „nominellen“ Identitäten unterschieden? Er mahnt, dass der Identitätskonstruktivismus der EU-Administration laufe Gefahr, jegliche Integrationskraft einzubüßen oder sogar eine „Rückkehr der Politik der alten Identitäten“ zu provozieren, wenn die (nationalen) Brennpunkte gemeinschaftlicher Identifikation nicht ernst genommen werden.
Tanıl Bora
Welche EU? Welche Errungenschaften?
Wie die Frage des EU-Beitritts in der Türkei diskutiert wird
Tanıl Bora umreißt in knappen und präzisen Skizzen die Positionen der konservativ-nationalen und wirtschaftsliberalen Kräfte in der Türkei und erörtert die Frage, welche Haltung die politische Linke einnehmen sollte. Die vielfältigen Erwartungen der türkischen Bevölkerung bezüglich einer Annäherung an die EU reichen von Fortschrittsvorstellungen über das Bild der EU als eine „Hilfskolonne“ der Türkei bis zur Hoffnung auf einen neuen Internationalismus, der noch über Europa hinausreicht. Laut Bora stehen dieselben Fragen auch innerhalb der EU zur Entscheidung.
IM GESPRÄCH
Gianni Vattimo
im Gespräch mit Martin G. Weiss und Martin Ross
FORUM
Lukas Marcel Vosicky
Roma: »Europas größte Minderheit«
Franz Winter
»…erstes und letztes Wort der Weisheit«:
Zum Umgang mit buddhistischer und »asiatischer« Religiosität bei E. M. Cioran
Katharina Christina Ceming
Hinduismus: Auf dem Weg vom Universalismus zum Fundamentalismus?
BERICHTE
Judith Schildt
Forschungsbericht: Kulturen der Verantwortung. Die kulturellen Prämissen komplexer Verantwortungsgesellschaften. S. 115
Tina Prokop und Christa Markom
Representing Whom? Konferenzbericht. S. 116-119