polylog 25
Sommer 2011
Das Projekt interkulturelles Philosophieren
Herausgeberin des Thementeils: Nausikaa Schirilla
THEMA
Viertelhundert polylog
Gespräche mit F. M. Wimmer, R. A. Mall, R. Elberfeld, G. Stenger und C. Bickmann
In einer Reihe von Interviews beantworten Franz Martin Wimmer, Ram Adhar Mall, Raúl Fornet-Betancourt, Rolf Elberfeld, Georg Stenger und Claudia Bickmann fünf Fragen, die sich interkulturelles Philosophieren als Kritik des Eurozentrismus in der Philosophie und dessen Folgen beziehen, auf die praktische Realisierung interkulturellen Philosophierens, auf den Fokus, den interkulturelles Philosophieren legen sollte, und auf das Verhältnis zu aktuellen theoretischen Entwicklungen wie u.a. den postkoloniale Theorien und den Sozialwissenschaften.
Nausikaa Schirilla
Interkulturelles Philosophieren im Studium der Philosophie
Nausikaa Schirilla untersucht die Verankerung der interkulturellen Philosophie in den BA-Curricula an deutschen und österreichischen Universitäten. Nur ein Fünftel der untersuchten Curricular berücksichtigt in der Ausbildung zukünftiger Philosophen nicht-europäische Philosophietraditionen und Fragen eines interkulturellen Philosophierens.
Nikita Dhawan
Überwindung der Monokulturen des Denken: Philosophie dekolonisieren
Nikita Dhawan kritisiert das Projekt interkulturelle Philosophie aus einer postkolonialen Perspektive und beschreibt andere Aufgaben für ein vergleichbares Projekt. Diese gehen vor allem in die Richtung Dekonstruktion kulturell fokussierter Vorstellungen, Ausarbeitung der Verwicklung der Philosophie in das koloniale Projekt und perspektivisch die Suche nach nicht-gewalttätigen Formen der Beziehung der Philosophie mit ihrem Anderen und damit auch dem nicht-philosophischen Anderen. Ihre pointierte, aber allgemein gehaltene Kritik an Ansätzen interkulturellen Philosophierens findet sich teilweise in den Interviewbeiträgen thematisiert, und manche Kritikpunkte gelten nicht für alle Autoren oder zumindest nicht in gleicher Weise, dennoch bietet dieser Beitrag vieles, was für interkulturelles Philosophieren Anlass zum Nachdenken geben sollte.
Anke Graneß
Überlegungen zu einem interkulturellen Philosophieren
Anke Graneß analysiert Fragen des Verhältnisses von Kultur und Philosophie in interkulturellem Philosophieren und schließt mit einem Plädoyer für stärkere Bezüge zu Fragen globaler Gerechtigkeit. Bertold Bernreuter verbindet mit der Differenzierung zwischen Zentrik und Zentrismen die Frage nach kultureller Bedingtheit und Universalisierbarkeit von philosophischem Denken und arbeitet die Hintergründe und Grenzen verschiedener Zentrismen in aktuellem interkulturellem Philosophieren heraus.
Hans Schelkshorn
Interkulturelle Philosophie und der Diskurs der Moderne
Eine programmatische Skizze
Hans Schelkshorn setzt sich in einem sehr umfassenden Beitrag mit philosophiehistorischen interkulturellen Zugängen auseinander und stellt fest, dass der Diskurs der Moderne schwach rezipiert wird. Dies gilt eben auch für moderne Philosophien und Diskurse der Moderne in nicht-westlichen Gesellschaften. Er selbst legt eine modernitätskritische selbstreflexive Sichtweise der Moderne aus westlicher Perspektive dar und fordert für interkulturelles Philosophieren, sowohl die Kontroversen zum Diskurs der Moderne als auch moderne Auseinandersetzungen stärker zu rezipieren.
FORUM
Bertold Bernreuter
Zentrik und Zentrismen interkultureller Philosophie
Praxis und Fiktion eines Ideals
Bertold Bernreuter analysiert die kulturelle Bedingtheit von Philosophie und deren grundlegende Zentrik. Das Interesse einer jeglichen Philosophie artikuliert sich ausgehend von einem Zentrum, dem kulturellen Selbst; es nimmt eine Ausrichtung, die wiederum den Denkmöglichkeiten der eigenen, vertrauten Kultur verpflichtet ist; und es bewegt sich in Formen, die im Lichte der eigenen kulturellen Erfahrungen sinnvoll erschienen. Bernreuter beschreibt diese Zentrik des Denkens als nicht hintergehbar und wendet sich in einem nächsten Schritt kritisch dem Ideal der interkulturellen Philosophie zu: der vorurteilsfreie, gleichberechtigte und grundsätzlich offene Dialog.
Kai Kresse
Kai Kresse zeigt auf, wie und warum die Forschung und Literatur der Afrikastudien im weiteren Sinne wichtig und lohnend für die Forschung zur afrikanischen Philosophie sind. Er zieht Werke von Kwasi Wiredu, Paulin Hountondjis und Henry Odera Oruka – drei der wichtigsten und wegweisenden afrikanischen Philosophen – heran, um sich für ein größeres Maß an Interdisziplinarität und Zusammenarbeit in der Forschung einzusetzen.
Bekele Gutema
Bekele Gutema stellt eine überaus interessante Figur aus der Geschichte der Philosophie vor: den Philosophen Anton Wilhelm Amo, der von 1730 bis 1747 als erster Philosophieprofessor afrikanischer Abstammung an deutschen Universitäten lehrte.