polylog 30
Winter 2013
Migration
Herausgeberinnen des Thementeils: Bianca Boteva-Richter & Nausikaa Schirilla
THEMA
Arash Abizadeh
Geschlossene Grenzen, Menschenrechte und demokratische Legitimation
Der Beitrag von Arash Abizadeh rekapituliert die Debatte in der politischen Philosophie zu offenen Grenzen. Abizadeh stellt das Für und Wider der offenen Grenzen in der liberalen Diskussion dar, die einerseits auf den Wert der Bewegungsfreiheit und auf die der Gerechtigkeit Bezug nimmt. Er ergänzt diese Debatte um eine demokratietheoretische Perspektive und fragt, ob es für demokratische Regimes vertretbar sei, diejenigen, die, von der Abschottung der Grenzen betroffen sind, aus der Mitsprache über Grenzpolitik auszuschließen.
Uchenna Okeja
Migration und globale Gerechtigkeit: Afrikanische Sichtweisen
Uchenna Okeja nimmt Bezug zur Debatte um globale Gerechtigkeit aus einer afrikanischen Perspektive. Im Rekurs auf ethnologische und historische Studien rekonstruiert er Positionen zu Migration in afrikanischen Gesellschaften und fragt nach deren Relevanz für die globale Ebene. Als Fazit fordert er, die Gerechtigkeitsdebatte um die Frage der internationalen Machtverteilung zu ergänzen und hinterfragt damit grundlegend die aktuellen Machtverhältnissen in der globalen Welt, die überhaupt Anlass zur Gerechtigkeitsdebatte geben.
Bianca Boteva-Richter
Bianca Boteva-Richter versucht Migration philosophisch zu begreifen – sie benennt eine räumliche und eine zeitliche Ebene von Migration, die in einem theoretischen Polylog von westlicher und asiatischer Methodik erklärt werden kann. Die Autorin hebt die Zeitlichkeit als wichtigen Aspekt der Migration hervor; darin begründen sich die Verknotung menschlicher Verbindungen, sowie die erfolgreiche oder erfolglose Neuverortung von Migranten. Boteva-Richter erörtert abschließend die Frage, ob wir nicht alle, in einem durch die menschlichen Verbindungen entstehenden Zwischen und in einer globalen Welt, Migranten sind.
Nobuko Adachi
Die Dynamik von Rasse und Ethnizität als Kategorisierungs- und Klassifizierungsprozess:
Benennung, Rassenzuweisung und Ethnisierung in einer japanisch-brasilianischen Kommune
Die Anthropologin Nobuko Adachi beschreibt verschiedene Perspektiven von Identitäten anhand einiger Beispiele aus dem Leben von japanischen Brasilianern, die ungewöhnliche Bezeichnungsweisen sowohl für Brasilianer als auch für Japaner haben. Hier verwischt sich Eigenes und Fremdes. Die Autorin zeigt auf, warum sich die in Brasilien lebenden Japaner mit einem anderen, offizielleren Ausdruck als die Japaner in Japan benennen und warum sie die Brasilianer, die in Brasilien leben, Fremde nennen. In diesem Beitrag sieht man, wie Sichtweisen von Identitäten wechseln und wie nichtssagend allgemeine ethnische Zuschreibungen sind. Dieser Beitrag reflektiert Zugehörigkeit und Zuschreibung und hinterfragt, wer Eigen und wer Fremd genannt werden kann.
Kien Nghi Ha
Postkoloniale Kritik und Migration
Wenn von Identitäten in der Migration die Rede ist, wird der Hybriditätsbegriff des postkolonialen Denkers Homi K. Bhabha gerne rezipiert. Dazu macht Kien Ngi Ha einige kritische Bemerkungen. Er rekapituliert postkoloniale Ansätze, insofern sie für das Thema Migration relevant sind, und zeigt die Grenzen einer oberflächlichen Übernahme von Bhabhas Hybriditätsbegriff.
Nausikaa Schirilla
Feminisierung der Migration und zurückgelassene Kinder
Diskurskritische und ethische Aspekte
Nausikaa Schirilla besschäftigt sich mit aktuellen ethischen Fragen der Folgen von Migration. Sie rekapituliert die Debatte um Pflegemigration aus Ost- nach Westeuropa und die in Ost und West populäre Sorge um das Schicksal der durch Migration der Eltern zurückgelassenen Kinder und Älteren aus einer diskurskritischen und einer ethischen Perspektive.
Im Gespräch mit Abullahi An-Na’im
Anke Graneß und Ursula Baatz im Mai 2013
FORUM
Peter Enz
Ibn Khaldun und die revolutionäre Bewegung